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Julia
Hülsmann Trio Freitag, 21. Februar 2003, | ||||||
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Rebekka Bakken und das Hülsmann-Trio am 21.02.2003 in der Leipziger Moritzbastei, neues Album „Scattering Poems mit großem Erfolg vorgestellt. Schon
zum Jazzfestival im September 2002 beeindruckte sie das Auditorium mit
ihrem frischen, unkonventionellen Vortrag im Ensemble mit dem
Jazzgitarristen Wolfgang Muthspiel. Diesmal wurde uns Rebekka Bakken
von der Berliner Pianistin Juliane Hülsmann präsentiert. Die zufällige
Bekanntschaft geht auf einen New York-Studienaufenthalt der Chefin des Hülsmann
Trio zurück. Stark beeindruckt vom Gesang und Charisma Bakkens war
der spontane und unumstößliche Entschluss geboren, für diese Sängerin
Musik zu schreiben. Im Ergebnis entstand ein Album mit acht Hülsmann-Vertonungen
von Gedichten des amerikanischen Poeten E.E. Cummings sowie einigen
interessanten Cover Versionen. | ||||||
Leise,
ganz geheimnisvoll begannen die Instrumentalisten. Ein zarter Orgelsound
wurde von luftigen Kontrabasstönen umhüllt. Der Schlagzeuger ließ die
verschiedensten Perkussionselemente rascheln und klingeln. Die Steigerung
ging nun langsam von den oberen Lagen des Klaviers aus und nach und nach
entblätterte sich das Thema, das schließlich vom Bassisten zitiert
wurde. Das Trio - Juliane Hülsmann (Klavier), Marc Muellbauer (Kontrabss),
Heinrich Köbberling (Schlagzeug) – coverte einfühlsam den Sting-Titel
‚A Thousand Years’, wobei sie bewusst auf den Gesang verzichteten,
um nicht der Gefahr des Kopierens zu unterliegen. Einen weiteren Sting-Song, ‚We’ll Be Together’, führten sie gegen Ende des Konzerts dann doch mit Gesang auf, die mädchenhaft naive Vortragsweise Bakkens gab ihm einen eigenen Charme, so dass keine Gefahr der Kopie bestand. | ||||||
Die
in New York lebende Norwegerin hatte kaum die Bühne betreten und
schon mit ihrer Ausstrahlung, mit ihrem kühlen Charme und einem
nordischen Leuchten in den Augen eine ganz spezielle Aura um sich
verbreitet. Mit vier Jahren lernte sie das Geigenspiel. Zur
Musikerkarriere kam sie dennoch erst über den Umweg Philosophie- und
Wirtschaftsstudium. Vom R & B, Funk und Rock über den Pop ist sie bis
zum Jazz vorgedrungen, mit einem stilistischen Erfahrungsschatz, der ihren
Gesang zum ganz eigenständigen, unverwechselbaren Erlebnis macht. Dabei
wechselt sie zwischen Naivität und Seriosität ebenso locker wie zwischen
den drei Oktaven ihres Stimmumfangs. Große Bühnenpräsenz und Gefühlstiefe
bestätigt man ihr. Dennoch blieb immer auch ein ganzes Stück Distanz und
Kühle, eine Unnahbarkeit, für die man auf der einen Seite ihre absolute
Selbstkontrolle, zum anderen gut einstudierte, bereits in ‚Fleisch und
Blut’ übergegangene Affekte verantwortlich machen muss, die auf die
Dauer immer weniger charmant, sondern überflüssig wirkten. Rebekka
Bakkens intensiver Gesang war immer absolut diszipliniert, ihre Stimme
in allen Lagen kontrolliert. So sang sie zum Beispiel Randy Newmans
„Same Girl“ sehr sensibel. Kleine Triller ließ sie fast
unmerklich, ganz nebenbei einfließen. Aber ihr stimmliches Potential
deutete sie den ganzen Abend lang leider nur an. Ausbrechen ließ sie es
nie. Das war einerseits bewundernswert, gab ihrem Vortrag aber gewissermaßen
eine Sterilität. | ||||||
Sehr einfühlsam begleiteten die Instrumentalisten die Sängerin. Die Musiker spielten nicht, um sich in Jazz Etüden zu präsentieren, sondern dienten den Stücken. Daher schaffte Marc Muellbauer am Kontrabass Atmosphäre und gab der Musik das Fundament, verlief sich aber nie in virtuosen Improvisationen. Was zu vereinzelter Kritik im Publikum führte, war wohl eher als Professionalität des gefragten Studiomusikers zu bewerten. Selbstsicher und Abgeklärt genug konnte er es sich leisten, die persönlichen Ambitionen zurückzunehmen und sein Spiel dem Gesamtwerk unterzuordnen. | ||||||
Ebenso souverän agierte die Leaderin. Auch Julia Hülsmanns Pianoparts waren durchaus komplex, doch scheinbar simple und gar nicht spektakulär konzipiert. Die Klasse zeigte sich hier in der Einfachheit und in der Beschränkung der Mittel auf das Wesentliche. Lediglich hätte man sich einen kreativeren Umgang mit den Soundmöglichkeiten ihres Keyboards wünschen können, schließlich war sie bereits in verschiedenen Big Bands, Fusion Formationen aber auch bei Popgruppen wie z.B. „Bell, Book & Candle“ als Keyboarderin engagiert. Etwas anders war es bei Heinrich Köbberling. Sehr angenehm viel seine Percussion-Arbeit auf, für die er einen Fundus an Klanggerätschaften einsetzte. Doch an seinem Drumspiel vermisste man an diesem Abend etwas Spezielles, woran man ihn hätte identifizieren können sowie auch eine differenziertere Schlagtechnik. Schließlich arbeitet auch er sehr erfolgreich als Studiomusiker bei Platten-, TV- und Radioproduktionen. Seine Engagements als Tourneebegleitung reichen bis zu Dee Dee Bridgewater. Doch in der Moritzbastei konnte er nicht durchweg überzeugen. | ||||||
Nach der Premiere am Vorabend in Berlin war das Leipziger Konzert für das Trio und die Sängerin ein erfolgreicher Tourbeginn. Vom zum Teil fachkundigen Publikum wurden die flüssigen und atmosphärischen Cummings-Vertonungen, die „Scattering Poems“, die „verstreuten Gedichte“ begeistert aufgenommen, ebenso die behutsamen Coverversionen der Sting- und Newman-Titel sowie eine hinreißend schöne Bearbeitung eines norwegischen Volksliedes. Ein bisschen unpassend, teilweise etwas überzogen schienen der große Jubel und die Pfiffe. Ein sehr schönes Konzert, beachtenswerte Kompositionen hatten zweifelsohne den Applaus verdient, doch passten die Begeisterungsstürme nicht richtig zur Stimmung des Abends und wirkten eher persönlich geprägt statt spontan durch das Erlebte verursacht. pepe
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