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LE-Nightflight

Bericht

6. Jugendfestival Endausscheid

Courage zeigen. Leipzig

Samstag 24.04.2004, Anker, Leipzig

KaiTec

Am 30.04.2004 werden es ‚KaiTec & Mythos’ sein, die als Sieger des 6. Jugendfestivals am Open Air auf der Bühne vor dem Völkerschlachtdenkmal teilnehmen dürfen. Aus einem Pool von über 100 Einsendungen wurden 36 Bands bestimmt, die sich innerhalb von sechs Vorausscheiden um die Teilnahme am Endausscheid im Leipziger Anker bewerben durften. Am vergangenen Samstag präsentierte sich mit den sechs Finalisten ein qualitativ starkes und musikalisch differenziertes Starterfeld.

„Irgendwann möchte ich so gut sein, dass es nur noch eine Frage des Geschmackes ist, ob es einem gefällt oder nicht.“ Julia sagt das ganz selbstbewusst und sie weiß, dass sie ihr Ziel erreichen kann. Sie weiß ebenso, wie hart der Weg sein wird. „Da schenkt einem keiner was.“ ‚Ballentine’ arbeiten ehrgeizig und zielstrebig an ihrem Traum, irgendwann von der Musik leben zu können. Und wenn sie mit Nachdruck sagen - „Wir sind gut.“ – wissen sie dennoch, wie viel noch zu tun ist, dass gut nicht gut genug ist und dass es darauf ankommen wird, beständig zu sein, selbstkritisch zu bleiben und an den Erfolg fest zu glauben. Die Sängerin nennt es ihre Lebensaufgabe. Von der Leipziger Szene hält sie nicht so sehr viel. Da gäbe es unheimlich viele Bands aber nur wenige wollten wirklich etwas erreichen. Viele gäben vorher auf. Enthusiasmus gehört dazu. Und manchmal muss man auch ungewöhnliche Wege gehen. „Girls in Front“ war so eine Sache. Da sind sie nicht davor zurückgeschreckt, erst mal im Wert von 200,- Euro Karten zu kaufen, um spielen zu können. Die teilnehmenden Bands mussten sich in das Risiko teilen. Das es sich zum Schluss für alle in jeder Hinsicht gelohnt hatte, war in dem Moment noch gar nicht klar. Gewonnen hätten sie heute gern. Julia gab zu, dass davon jeder träumt, der es bis in den Endausscheid geschafft hat. Die Strapazen und Aufregung, das Warten und das Hoffen, zwei Auftritte ohne Geld - „das macht man nicht einfach nur so“. Aber „der Auftritt war gut, der Abend war schön, das ist das Wichtigste“.

Ballentine
Seit ca. drei Jahren arbeitet die Band an ihrem Stil. Sie nennen ihn Noise Pop. Ihre Einflüsse beziehen sie von Bands wie ‚Sneaker Pimps’, ‚Muse’, ‚Placebo’. Aber es kommt ihnen darauf an, nicht in einer Schublade zu landen. Trotz satter Metal-Riffs sind sie keine Metaler, trotz schwarzer Kleidung, atmosphärischer Sounds wollen sie nicht in der schwarzen Szene eingeordnet werden. Ihr Rezept: gut mixen, schütteln, an den Sounds basteln, eingängige, poppige Melodien und krachende Gitarren. Die Atmosphären sollen sich entwickeln können, auch wenn das die Aufmerksamkeit der Zuhörer fordert. Dem Tipp der Plattenfirma, der teurer und sehr gut produzierten Demo-CD fehle noch der Hit, wollen sie sich aber nicht verschließen. Kompromisse muss man eingehen, möglichst ohne sich selbst dabei „zu verkaufen“. Als Drittplatzierte haben sie es nun zwar nicht auf die „Courage“-Bühne geschafft, aber ihr frischer, kompakter Auftritt, bei dem ein sehr gutes Feeling auf die zahlreich erschienenen Gäste überging, wird ihren Stand in der Leipziger Nachwuchsszene auf jeden Fall einmal mehr gefestigt haben.
Ballentine Ballentine
Ballentine Ballentine
Den Spezialpreis, einen Gutschein über 500,- Euro überreicht vom Ausländerbeauftragten der Stadt Stojan Gugutschkov, erhielten die zweitplatzierten ‚Mompracem’. Sie überzeugten die Jury mit einem rockigen, jazzig und auch funky angehauchten Crossover, der sich aus den unterschiedlichsten Einflüssen und Vorlieben der einzelnen Bandmitglieder zu einem vielseitigen und dennoch kompakten Ganzen entwickelte. Interessante Sounds bereicherte der Sänger zuweilen durch die Klangfarbe seiner Querflöte. Die vierköpfige Band gründete sich 2001. Coverten sie anfänglich fremde Songs, so setzen sie längst ihre eigenen musikalischen Ideen um, schaffen eine energiegeladene und bereits erstaunlich eigenständige Melange.
Mompracem
Mompracem Mompracem
Die reifste Leistung zeigten an diesem Abend ‚KaiTec & Mythos’ und eroberten sich damit auch die Siegerposition. Den Auftakt setzten sie mit markanten Keyboardakkorden. Dann begannen zwei Rapper und eine hervorragende Band energiegeladen und mit viel Freude zu grooven. Ihr Vortrag war absolut kompakt und stimmig. Und spätestens bei den Improvisationen wurde das Können der Musikstudenten offensichtlich. Sie hatten es nicht zu unrecht im Kanal 28 wie schließlich auch hier im Endausscheid auf Platz Eins geschafft. Mit Hip Hop vom feinsten, groovy und funky verbreiteten sie eine tolle Stimmung und viel Spaß. Dabei zogen sie häufig in sozialkritischen Texten vom Leder. Zum Schluss coverten sie noch Udo Lindenbergs „Mädchen aus Ostberlin“ und drückten dem „ganz heißen Mädchen aus Pankow“ ihre ganz persönliche Note auf. Ein toller Auftritt! Da kann man sich auf den 30.04.2004 und das Open Air schon mal freuen.
KaiTec & Mythos
KaiTec & Mythos KaiTec & Mythos

‚BrandPicture’, ‚Fallout’ und ‚Dreadvibes’ hatten es zwar nicht auf die vorderen Ränge geschafft, aber da sind sich alle einig, jeder der Finalisten zeigte an diesem Abend sehr gute Leistungen. Die Genre der Teilnehmer waren so unterschiedlich, da ist ein gerechter Vergleich immer sehr schwierig. Ein ‚Nur’ verbietet sich sowieso von selbst. Denn wer sich unter mehr als 100 Bewerbern durchsetzt, um es bis in die Endrunde zu schaffen, kann schon mal stolz sein.

Als erste Band des Abends warteten ‚BrandPicture’ mit gutem Gitarrenrock auf. Zwei Gitarren, ein Bass, ein Schlagzeug und eine tiefe, kräftige Stimme erzeugten schöne, eingängige Melodien und eine ausgewogene Dynamik. Die Hooks waren prima, ein bisschen mehr Groove, ein kompakteres Zusammenspiel hätte man sich zum Teil wünschen können. Die Band gibt es jetzt schon drei Jahre, wenn auch der Schlagzeuger zwischenzeitlich gewechselt hatte. Einen kleinen schalldichten Raum haben sie sich organisiert und in Technik investiert. Alles ganz bescheiden, aber ausreichend, um schon bald die zweite CD zu veröffentlichen. Das Thema von „Courage“ ist auch für sie ein Thema, auch wenn sie das nun nicht immer in großen Lettern in ihre Texte zimmern. Aber die Inhalte spiegeln durchaus ihre Haltungen wieder wenn sie zum Beispiel vom Ende des Regenbogens singen. Darüber hinaus ist „Courage“ für sie eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und den eigenen Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Schließlich wird von einer Newcomer-Band nicht alle Tage in der Zeitung berichtet. Überrascht waren sie vom zahlreich erschienenen Publikum, das den Saal von Anfang an gut füllte und unheimlich gut drauf war.

BrandPicture
BrandPicture BrandPicture
‚Fallout’ kamen in gleicher Besetzung – zwei Gitarren, ein Bass, ein Schlagzeug. Sie haben sich allerdings dem härteren Rock verschrieben, ließen die Metalgitarren krachen und sangen englische Texte. Mit schönen Trommelwirbeln und einer insgesamt dynamischen und ausgewogenen Schlagzeugarbeit bekam ihr Vortrag einen starken Drive. Damit begeisterten sie ihre offensichtlich zahlreich erschienenen und feierfreudigen Fans. Kaltes weißes Licht schnitt schöne Effekte in reichlich Bühnennebel. Die Band gibt es bereits drei Jahre. In der aktuellen Besetzung spielen sie ein Jahr zusammen. Musikalisch sind sie an Numetal interessiert. Bands wie ‚Metalica’ oder ‚Pearl Jam’ inspirieren sie. Nirvana ist es nicht, selbst wenn die Stimme des Sängers manchmal durchaus daran erinnern könnte. Chancen auf den Sieg hatten sie sich gar nicht erst ausgerechnet. Dafür waren ihrer Meinung nach viel zu gute Bands am Start. Sie waren schon überrascht, in der Endrunde dabei sein zu dürfen. „Man legt hier auch Wert auf Progressives und das ist unsere Musik eher nicht.“ Sagte Schlagzeuger Micha ganz bescheiden. Obwohl, das Neue an ihrer Musik ist, wie sie Rock und Metal zu mischen verstehen. Aber Selbstkritik, nicht zu früh zufrieden sein, immer etwas neues anstreben um sich nicht zu wiederholen sind für die Band Prinzipien. „Wir haben einen hohen Anspruch. Wir schmeißen viel weg, was vielleicht besser wäre als manches, was andere verwenden.“ So selbstbewusst sind sie also durchaus, wissen auch, dass man vergeblich Vergleichbares sucht und sie mit ihrem nicht leicht definierbaren Stil bereits eine gewisse Eigenständigkeit erreicht haben. Davon leben zu können, wäre nicht schlecht. Doch weil sie nicht nur sehr sympathische junge Leute sind, sondern auch sehr realitätsverbunden, beschäftigen sie sich noch ein bisschen mit Lehre, Studium, Zivildienst, Beruf.
Fallout
Fallout Fallout
Die Musik, die zu diesem Endausscheid zu hören war, war sehr breit gefächert. Auch die ‚Dreadvibes’ bestätigten, hier waren alles sehr gute Leute am Start. „Alles andere ist Geschmack.“ Ihr Stil ist stark vom Reggae beeinflusst, doch eine Raggaparty machen sie nicht. Da mischt sich ganz unorthodox Rock bei, da wird solider Blues mit Reggae allenfalls versetzt. Sie beherrschen diesen Streifflug durch die Genre und begeisterten zum Vorausscheid in der Villa wie auch hier im Anker das Publikum. Es ist nicht zu vermuten, dass die einzige Band die nicht aus Leipzig kam, sondern aus dem fernen thüringischen Jena, eine große, einheimische Fanbase mitgebracht hatte. Insofern dürfte man hier einen Beweis dafür sehen können, dass ihre intelligente Mischung auch ganz spontan in’s Tanzbein geht. Grad ein Dreiviertel Jahr gibt es die Band, zu der Gitarre, Bass, Schlagzeug, Saxophon und Gesang gehören. Doch das Zusammenspiel scheint bereits recht intuitiv zu funktionieren. Das ist so erstaunlich nicht, wenn man weiß, dass der Großteil der Musiker sich schon aus „Sixpack“-Tagen kennt. Diese Band trennte sich seinerzeit, da die differenten musikalischen Interessen nicht in Einklang zu bringen waren. Großartig an dieser Entwicklung ist, dass es nun zwei befreundete Bands gibt, die völlig verschiedene Ansätze verfolgen, beide eine prima Mugge spielen und wie man nur hoffen, wünschen und ahnen kann, das Zeug zu einer erfolgreichen Zukunft haben. ‚Propaganja’ wird am 30.04.2004 wieder mal auf der Bühne am Völki stehen. Von ‚Dreadvibes’ werden wir hoffentlich auch wieder hören und sehen.
Dreadvibes
Dreadvibes Dreadvibes

 

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