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Wolfgang Haffner - Zooming Donnerstag, 20. Januar 2005 Objekt 5,
Halle/Saale |
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Auch im Jahr 2005 bringt die ‚Take Five’ – Reihe klangvolle Namen nach Halle in das kleine Objekt 5 und startete im Januar mit einem deutschen Jazz-Künstler der jüngeren Generation, dessen Referenzen bereits außerordentlich beachtlich sind. Am 20. Januar war der Weltklasse-Schlagzeuger Wolfgang Haffner mit eigener Band und seinem neuesten Projekt „Zooming“ zu erleben. Am Beginn seiner Karriere standen 1984 Albert Mangelsdorff und das „Deutsch Französische Jazzensemble“. Damals war er gerade Neunzehn. Fünf Jahre später war er der Schlagzeuger bei Klaus Doldingers „Passport“. Mitte der Neunziger gehörte er zur Band von Chaka Khan. Er spielte mit den Stars der internationalen Jazzszene, darunter Pat Metheny, Bill Evans, Cassandra Wilson, Mc Coy Tyner, Johnny Griffin. Haffner war bei wichtigen Jazzfestivals zu Gast, u.a. in Montreux, Paris, Chicago, beim North Sea Jazzfestival, in Los Angeles und Wien. Und dennoch ist sein Verhältnis zur „Jazzpolizei“ kein konfliktfreies. Er ist zu aufgeschlossen, um sich nicht auch von modernen Stilen beeinflussen zu lassen. HipHop, Nu’ Soul, House gehören da ebenso dazu, wie Pop. Die Puristen nehmen so was übel. |
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Doch - übergeordnet
ist für Wolfgang Haffner der Groove. „Musik ohne
Groove interessiere ihn so wenig wie die Einwände
der ewig nörgelnden Jazzpolizei, die abwechselnd
die Tradition oder den avantgardistischen
Fortschritt einfordere“. Ist in einem Portrait der
‚Jazzzeitung’ über ihn zu erfahren. Zudem geht
es ihm nicht darum, in endlosen Etüden seine
handwerkliche Kompetenz zu beweisen. „Das
Langweiligste sind für mich ‚typische
Schlagzeugerplatten’, wo ein Drum Fill den anderen
jagt, und alles möglichst kompliziert ist.“
(Jazzpodium 12/2001) Insofern ist sein neues Album
„Zooming“, mit dem er zur Zeit auf Tour ist,
tatsächlich keine typische Schlagzeugerplatte
sondern typisch Haffner und eine logische Konsequenz
aus seiner Philosophie und seinen musikalischen
Erfahrungen. |
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Es würde ein
schönes langes Konzert ohne Pause werden, versprach
Wolfgang Haffner vorab. Wenn nun jemand einen
Schreck bekommen haben sollte – es gab keinen
Grund zur Sorge. Das Bier beschafft man sich
heutzutage ohnehin unter Aufbringung allen
akrobatischen Geschicks auch während der
Darbietungen. Und andererseits – das neue
Haffner-Projekt „Zooming“ lässt weder
Langeweile noch Anstrengung aufkommen. Es sind schöne, leichtfüßige, manchmal filmmusikartige Melodien, die in ihrer Umsetzung eine angenehme Melange zwischen Pop und Jazz zaubern. Sehr bildhaft werden Geschichten erzählt, vielleicht auch Orte beschrieben, glaubt man, das Erwachen einer Großstadt mitzuerleben, ihren Puls zu fühlen. Assoziationen, Phantasien sind da sicherlich erlaubt und erwünscht. Das muss man spätestens annehmen, wenn Haffner von der Schwierigkeit erzählt, einem Stück den passenden Titel zu geben, von der Standardliste, die dann regelmäßig abgearbeitet wird, oder von den Späßen, die er sich mit dem Journalistenvolk erlaubt, das nervbohrend nach dem tieferen Sinn eines Songnamens fragt. Kompliziert oder gar sehr verkopft sind Haffners Kompositionen gerade nicht. Die Musik ist sogar einigermaßen schnell durchschaubar und auch nicht überraschend im Sinne von ‚noch nie ähnliches gehört’. Sie bedient sich merklich am Vorbild der derzeitigen skandinavischen Avantgarde, reicht dieser allerdings in Hinsicht auf Komplexität und Konsequenz sowie Originalität nicht das Wasser. |
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Aber dafür wurde sie von ihm und seinen Bandkollegen meisterhaft umgesetzt. Mit geheimnisvollem Brausen, Soundeffekten vom Computer, und einem synkopischen Auftakt Haffners begann der Zauber. Eine stimmungsvolle, ruhige Melodie wurde vom Gitarristen Frank Kuruc entwickelt, an den Keyboarder Sebastian Studnitzky weiter gereicht und schließlich von Johannes Enders am Saxophone weitergedacht. Der Bass (Christian Diener) gemahnte hin und wieder an den Grundschlag. Eine urbane Atmosphäre holte die Zuhörer ein. Der Straßenstaub flirrte und man glaubte, aufschreiende Vögel zu hören. Die Hektik, der Takt der Zeit drangen immer stärker ins Bewusstsein. Dieser Groove wurde vom Schlagzeug aus geführt, ohne die Melodieinstrumente in ihrer Phantasie einzuschränken. Es war scheinbar der tosende Alltagslärm einer Großstadt, der den Schlusspunkt setzte. Bereits bei
diesem ersten Titel kam Wolfgang Haffners Intension
zum Ausdruck, sich mit „Zooming“ als Komponist
und Arrangeur und weniger als Schlagzeuger zu
verwirklichen. Seine Arbeit an den Drums war daher
immer präzise und filigran aber insbesondere
songdienlich, unspektakulär, trumpfte nicht auf,
steuerte mit Zurückhaltung und Bescheidenheit aus
dem Hintergrund, während seine Bandkollegen die von
ihm ersonnenen Stücke mit Sensibilität und
Phantasie und traumhaften Soli zum Leben erweckten.
Schwebende Elektroniksounds und Computerbeats,
Effekte und Loops, vom Computer brachten die Ästhetik
der Lounge- Musik, die zum ‚chillen’ verführte.
Das Stück „Seventy Five“ wurde dem TV-Kommissar Kojak gewidmet und erinnerte in Sound und Melodik unterschwellig an die Siebziger Jahre. Undercover zwangen Schlagzeug und Bass den Rhythmus. Die vorwitzige und wieder vorsichtige, samtweiche Flöte von Johannes Enders führte das Thema an, bis Sebastian Studnitzky übernahm es mit dem typischen 70er Orgelsound. |
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Ein
kurzweiliger, angenehmer, unterhaltsamer Abend ging
mit einem Stück zu ende, das ein weiteres Mal
Emotionen zwischen Überschwänglichkeit,
Nachdenklichkeit und Traum weckte, ohne den sicheren
Boden der Berechnung dabei zu verlassen oder gar
Risiken einzugehen. Mit sicherem Kalkül und ganzem
Erfolg hatten es das Quintett erreicht, sein
Publikum auf hohem Niveau relaxen und sich wohlfühlen
zu lassen. Doch wehe, wenn
sie losgelassen! Man stelle sich vor, diese Musiker
entdeckten ihre Vertrautheit, ließen mehr
Intuitivität und Spontaneität zu, benutzten die
vorhandenen Ingredienzien, um abseits sicherer Pfade
zu wandeln, beträten unsicheres Terrain, legten Überraschendes
frei, verblüfften das ein oder andere Mal ihre Zuhörer!
Unmöglich ist das nicht, sie bräuchten nicht
besonders viel Mut, nur ein wenig mehr
Risikobereitschaft. pepe |
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