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LE-Nightflight

Bericht

Peter Maffay

27. Mai 2005

Ferropolis, Gräfenhainichen

Peter Maffay

Eine phantastische Kulisse, ein Sommertraum-Wetter, deutscher Rock bester Qualität – ein Paraglider  gleitet durch die Luft, dreht eine nach der anderen Runde über das Ferropolis-Areal und hat von allen den bewegten Menschen hier sicher das erhabendste Gefühl.

Was für ein göttlicher Sommertag für ein Open Air Konzert. Noch gibt es wenig Gedrängel. Die Atmosphäre ist entspannt, ruhig. Erhebend das Gefühl für einen Peter-Maffay-Fan aus echtem Schrot und Korn. Der kommt bei Zeiten und richtet sich seinen Platz, verteidigt ihn auch. „Wir stehen hier schon seit einer dreiviertel Stunde. Wenn du das Ding nicht wegnimmst hauen wir’s dir kaputt!“ Wenn es um die ureigensten Interessen geht, ist es einfacher, die Person gegenüber respektlos zu behandeln. Ein Kameramann mit großem Stativ steht jedenfalls im Weg und stört das Panorama wie auch den Frieden. Selber Schuld, wenn er arbeiten muss. Ob dieser militante Fan sich ein paar Stunden später erkennt, als Maffay singend fragt „Erkennst du dich wieder? Was glaubst du, wer du bist?“, wird an dieser Stelle bezweifelt.

Es ist nicht zwangsläufig, dass ein eingefleischter Fan auch die Inhalte des Idols verinnerlicht inklusive der Philosophie die dahinter steckt. Peter Maffay ist Realist und scharfer Beobachter genug, um sich dessen klar zu sein. „Ich kann dir zum Beispiel nicht sagen, wie viele der philosophischen Eckwerte von Tabaluga jetzt in den Köpfen von Kindern wie Erwachsenen arbeiten.“ Antwortete er kürzlich dem WOM Magazin auf die Frage „Glaubst du ermessen zu können, was du und deine Musik dem Publikum bedeuten?“ Dennoch hat er es nie aufgegeben, seine Statements, seine Botschaften in den Songtexten mitzuteilen. Auch das neu erschienene Doppelalbum „Laut & Leise“, mit dem er derzeit auf Tour ist, spiegelt seine Haltungen wieder. Musikalisch kommen beide Seiten Maffays zum Ausdruck, die wutschnaubende, unversöhnlich rockende wie auch seine fast kitschig romantische Ader.

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Peter Maffay

Zwei vor Acht, die Band schlenderte hinter einer drachenbemalten Leinwand auf die Bühne. Als durch einen Schlitz auch Peter Maffay zu entdecken war, wurden die Fans ungeduldig. „Jetzt geht’s l o o s, jetzt geht’s l o o s.“ fingen sie an zu rufen, noch recht friedlich. Den ganzen Abend lang waren sie eher eine zwar glückliche aber brave Masse. Die Contenance waren später nur ein paar, auf die Bühne geladene Damen drauf und dran zu verlieren, als sie ihrem Jugendschwarm bei dem Titel „Happy Birthday“ in den Armen liegen durften.

Wenig nach Acht begann Peter Maffay a cappella mit den Textzeilen „Nie war ich tiefer, nie tiefer, tiefer bei dir...“ Die Band setzte auf den Punkt ein, als er das Wort Baby ausgesungen hatte. Der Vorhang fiel. Und nun wurde gerockt. „...Diese Hitze tut so gut.“ Sang er. Und mit einer einzigen siegesfrohen, kraftvollen Armbewegung nach vorn gen Publikum und Horizont hatte er sie. Nach diesem emotionsstarken Start schoss er gleich noch ein paar weitere Selbstzünder ab. Mit „Kein Weg zu weit“ wurde fett, laut, hart und schnell gerockt. Das machte auch der Band sichtbar Spaß. Mit „Du bist nie der Kassierer“ ging es mit einem Titel vom Album „Lange Schatten“ laut und zornig weiter.

Genug gerockt, jetzt war die Zeit für Sentimentalitäten. Schließlich sollte jeder zu seinem Recht kommen. Mit einem wunderschönen, bluesgetränkten Intro leitete Carl Carlton die Superschnulze ein, für die Peter Maffay von Beginn seiner Karriere bis heute von den einen geliebt und von den anderen gescholten wird. „Es war Sommer“ ist vielleicht der Song, der die Menschen in Maffay-Fans und -Hasser polarisiert wie kein anderer. Erstaunlich bleibt es, dass er sich immer noch dazu hinreißen lässt, den alten Schlager zu singen, nachdem er diese Phase seiner Entwicklung eigentlich längst hinter sich gelassen hat. Das Publikum war allerdings schwer begeistert. Und wenn man akzeptiert, dass die Musik zuallererst für die zahlende Gäste gemacht wird, gab ihm dieser Erfolg wohl Recht.

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Carl Carlton

Mit „Hund des Krieges“ hatte Maffay „ein Altes Lied wieder ausgepackt“. Und musste feststellen, „dass sich leider nicht so viel geändert hat“ seit der Zeit, als es entstanden war. Das gesamte Programm war abwechslungsreich gemischt aus alten Songs der vergangen Jahrzehnte und aus den Songs seines neuen Doppelalbums. Oft war der starke Gitarrensound von zuweilen vier Gitarren bestimmend. Wobei es teilweise auch überflüssig schien, dass sich Peter Maffay neben Peter Keller, Carl Carlton und Pascal Kravetz auch noch die Gitarre umhängte.

Die menschlichen und musikalischen Qualitäten seiner Bandmitglieder weiß Maffay zu schätzen. Das machte er auch publik. Wie wichtig ihm der harte Kern Carl Carlton (Leadgitarre), Bertram Engel (Schlagzeug) und Jean Jaques Kravetz (Keyboards) ist, zeigt schon, dass sie nach jahrzehntelanger Zusammenarbeit schon fast zum Inventar gehören. „Jean Jaques Kravetz schätzt die schönen, feinen Dinge im Leben auch in musikalischer Hinsicht.“ Sagt er über den Pianisten. Carlton und Engel hat er seit Jahren die Produktion seiner Alben in die Hand gelegt, auch wenn „Laut & Leise“ diesmal komplett unter seiner eigenen Regie entstand. Etliche seiner Erfolgssongs wurden von den beiden komponiert. Auch über die „Neuen“, Peter Keller (Gitarre), Ken Taylor (Bassist) und Pascal Kravetz spricht er freundlich und mit Anerkennung. Doch der „Motor der Band“ und „einer der energievollsten Musiker und einer der besten und für mich sowieso der Beste ist der Schlagzeuger Bertram Engel.“

Von diesem wurde eine zweite sentimentale Phase mit einem Song aus „Tabaluga und Lilli“ eingeleitet. Bertram Engel hatte „Eis im September“ komponiert. Er begleitete sich selbst am Keyboard und wurde unterstützt von der Hammond B3, der Gitarre Carl Carltons und dessen Backgroundgesang. Mitleid konnte man mit dem bösen Arktos bekommen, der es selbst nicht mehr aus seiner Haut schafft und traurig singt „Ich kann nur noch zerstören.“ „Ich wäre gern geliebt“. Die erzieherische Botschaft kam prompt: „Wenn dein Herz nicht schneller schlägt, weil dich gar nichts mehr bewegt, dann musst du’s ändern.“

Pascal Kravetz Peter Keller
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„Sonne in der Nacht“ brachten Peter Maffay und seine Band leider nur in einer leicht veränderten Akustik-Variante. Auch die Synkopen und soulartigen Schlenker machten daraus keine Neuinterpretation. Bertram Engel begleitete gesanglich und mit Percussion. Pascal Kravetz wechselte an das Akkordeon. Danach bekam Carl Carlton die Gelegenheit, seine Komposition „White Light“ vorzustellen. Er lud dazu ein, mit auf die Reise zu kommen, die Phantasie nutzend. Ein trauriger Titel war es, den er in der Erinnerung an einen verlorenen Freund geschrieben hatte. Danach ermahnte Peter Maffay noch „Gebt die Liebe nicht auf“. Es ist einer der leisen Titel vom Laut & Leise Album.

Bis hierher hatte Maffay gut die Kontrolle über die Stimmung, über die Gefühle behalten. In einer Maffay-Show gibt es keine Zufälle. Jeder hat seinen Platz. Da soll er sich natürlich auch ordentlich bewegen. Aber bitte keine unkoordinierten Gefühlsäußerungen! Die Musiker machten zwar erstklassisch ihre Arbeit. Aber vielleicht lag’s an den 100 %, die der Chef in jedem Moment fordert, dass es nicht so kesselte. Doch jetzt war offenbar der perfekte Zeitpunkt gekommen. Die Leute hatte er lang genug mit soften Songs vorbereitet. Er begann den neuen Titel „Der Kreis“, sang „Weil wir das selbe fühl’n, uns in die Augen seh’n, ... schließt sich für uns der Kreis.“ Die Dunkelheit kam langsam über das Areal und der Zeitpunkt war geeignet für das Bad in der Menge. Aus dem Handshaking mit den Fans wurde eine halbe Anfass-Orgie. Die Lichtshow, mit der nun auch endlich begonnen werden konnte, war nicht so spannend. Aber regelmäßig, im Wechsel mit kleinen Monitoren angeordnete Strahler, grün gelb, orange und weiße Backlights am oberen Traversenrand gaben stimmungsvolle Effekte. „Du trägst mich hoch und höher, weit und weiter. Du machst mich leicht und leichter.“ Diese Zeilen beflügelten natürlich auch die Stimmung. Endlich fingen die Jungs an, Musik zu machen. Langsam überwog das Feeling die Show und ganz langsam ging es auf um Zehn.

Peter Maffay
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Pünktlich um Zehn verabschiedeten sich Maffay und die Band, um sofort mit dem Zugabenblock zu beginnen. „Wir wären natürlich nicht gegangen. Das geht gar nicht. Vor einigen Jahren haben wir es uns geliehen ... Wir denken, dass wir es ihm schuldig sind, dieses Lied zu singen, wenn wir auf einer Bühne stehen.“ Die Hände gingen hoch. Die Wunderkerzen wurden abgefackelt. Und alle sangen mit „Über sieben Brücken musst du gehen...“ Im zweiten Zugabenblock gab es dann auch noch „Eiszeit“ und ein weiteres Bad in der Menge.

Peter Maffay rennt die Strecken auf der Bühne ab, auch wenn er erzählt (und er erzählt viel), als bekommt er Wegegeld. Seine Show ist routiniert. Die Rockerposen wirken etwas angestaubt, aber typisch Maffay. Die Worte sind sehr gut überlegt. Was er mitteilen will, ist ihm wichtig. Somit kommen seine Statements nicht spontan sondern fast ein bisschen erzieherisch. Aber sie sind ehrlich. „Wir müssen mit mehr Respekt miteinander umgehen. Ein kleines Lächeln bringt mehr.“ Hatte er gesagt. Daran sollte man sich manchmal auch erinnern, wenn man zuhause an das Ferropolis-Erlebnis denkt, schwelgend seine Platten hört und von den schönen Ideen ergriffen ist. Der Sänger hat Recht, man sollte seine Worte auch ins Leben tragen.

pepe

LE-Nightflight Feature > Bertram Engel Interview

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