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LE-Nightflight

Bericht

2. Songfestival 2005

mit Bildetbanden, 50Hertz, Christian Trautmann Trio, Manfred Maurenbrecher

02. Juli 2005

Lene-Voigt Park, Leipzig-Reudnitz

 
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Zum zweiten Mal fand das Leipziger Songfestival statt, zum ersten Mal integrierte die Veranstaltung ein Nachwuchsfestival für Schüler und Jugendliche. Die Namensverwandtschaft zum Songfestival der Lieder-Tour, das 2005 bereits zum 15. Mal stattfindet, ist kein Zufall. Die Organisatoren sind in beiden Fällen Die Lieder-Tour e.V. Mit deren langjährige Erfahrung gelang es, ein rundes, stimmiges Programm zusammenzustellen, dass ganz unterschiedliche Beiträge harmonisch vereinte.

Das warme, sommerliche Wetter lockte in den Park. Etliche der Besucher gönnten sich eine Eintrittskarte und hatten so nicht nur die Chance auf ein kühles, frisch gezapftes Bier, sondern konnten auch hautnah dabei sein. Noch mal so viele Zuhörer tummelten sich auf den Wiesen vor der improvisierten Umzäunung aus rot-weißem Absperrband und genossen unbeschwert. Schön der breite Anklang allemal, schöner, wenn es auch den Zaungästen Wert gewesen wäre, die Aktion mit gerade mal 5 bzw. 7 Euro Eintritt zu unterstützen.

Hinter dem Verein 'Die Lieder-Tour' steht maßgeblich der Leipziger Musiker Frank Oberhof, der sich seit mehr als fünfzehn Jahren dafür engagiert, im Besonderen den Liedermachern im weiteren Sinne eine Plattform zu geben. Ohne die Unterstützung vieler anderer wäre für ihn natürlich auch dieses Festival nicht zu stemmen gewesen. „Das kann man gar nicht bezahlen. Deswegen versuch’ ich’s auch gar nicht erst.“ - sein scherzhaftes Statement und sein Dank an den Techniker.

Ein gutes Ziel, Menschen an einem Sommertag im Park zu versammeln, um gemeinsam Musik zu hören, Musik, die berührt mit Texten, die zum Nachdenken anregen, die unterhalten und manchmal auch einfach nur Spaß machen. Besonders dankenswert ist aber die stete Initiative, Kraft und Risikobereitschaft der Initiatoren, ein Genre zu protegieren, das heute häufig ein bisschen stiefmütterlich behandelt wird - die Liedermacher, Singer/Songwriter/Kleinkünstler. Wie man sie auch nennen und einsortieren möchte, es gibt keinen vernünftigen Genrebegriff, der auszudrücken vermag, welche Vielfalt sich hierunter verbergen kann. Und so simpel die Ausstattung des Festes auch wirkte, das Programm war es nicht. Alle Beiträge hatten ihren eigenen Reiz und ein gutes Niveau. Junge, talentierte Musiker präsentierten sich neben gestandenen Formationen. Erfahrung wechselte mit jugendlicher Frische. Anspruchsvolle, überlegte Texte, zuweilen mit humorvoll versteckten Aussagen und angenehm eingängige Musik waren ihnen allen eigen. Die musikalischen Stile waren dabei breit gefächert.

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Am Nachmittag spielten also die Kids um den Auftritt am Abend auf selber Bühne. Doch mehr noch sollten sie die Möglichkeit erhalten, sich vergleichen und austauschen sowie beraten lassen zu können.

Um 19:00 Uhr begeisterten dann die junge Brandenburger Band ‚Bildetbanden’. Keine beschauliche Lagerfeuermusik – das rockte ganz schön. Ihre Texte gingen unter die Haut, waren tiefgründig und klug. Kein Wunder angesichts ihres Sängers und Texters, dem Potsdamer Schauspieler und Chansonnier Sebastian Birr. Zusammen mit Michael Günther stand er schon häufig auf der Bühne und erntete regelmäßig großen Zuspruch. Im schlagfertigen Dreierpack mit Manfred Maurenbrecher und Johannes Kirchberg begeisterte er im Juni 2004 im Rahmen der Liedertour bei einem Stehgreifprogramm.

Die Pötsch-Band mit Sänger Michael Günther schloss sich an als ‚50Hertz’. Mancher, der von Ferne im Park den Gesang hörte, mag sich irritiert gefragt haben, ob da wirklich Herbert Grönemeyer singt. Nein, Herbert war es nicht. Aber der Singer/Songwriter aus Brandenburg könnte es stimmlich wohl mit ihm aufnehmen. Günthers Texte berühren, haben Gefühl und neben der originellen Poetik auch große Ernsthaftigkeit. Auf der Suche nach Wahrhaftigkeit und Tiefe nahm der Preisträger des Brandenburger Liederpreises seine Zuhörer mit auf eine emotional geladene Reise. Ein paar Regeln gab er mit auf den Weg. „Schieß nicht zu schnell dein Magazin leer ... tauch unter. Du mußt nicht stark sein, du kannst auch verlier´n ... Lass doch die Anderen abkassier´n. Die erste Regel: Überlebe! Die Zweite: Wenn Du kannst, bleib frei. Die dritte Regel: Gute Tarnung, doch bleib dir trotzdem immer treu!" Die Bandkollegen unterstützten die Songs mit rockigen Rhythmen, einem starken Bandsound, stilistisch vielseitig. „Wir sind am kommen, sind am kommen ....“ wiederholte Michael Günther immer wieder. Die Musiker entwickelten eine Begleitung, die mit Echos und anderen elektronischen Spielerein einen Sog verursachten, der die Gedanken und Träume mitnahm auf einen phantastischen Rundflug. Die Band das waren der Brandenburger Thoralf Pötsch (Gitarre), der Bassist Sören Schulz (Brandenburg), an den Keys Frank Oberhof aus Leipzig und Drummer Sascha Schneider aus der Nähe von Wolfsburg.

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Das Kontrastprogramm machte nun das Christian Trautmann Trio – Christian und Enrico Trautmann (Gitarre und Bass) und Thomas Karl (Gitarre). Die junge Formation aus dem Erzgebirge wurde als die Entdeckung der letzten Liedertour vorgestellt. Sie spielen bewusst drei Akustik-Instrumente, erzeugen aber einen alles andere als langweiligen Gitarrensatz und eine feine Begleitung zur emotionsstarken und charakteristischen Stimme Christians. Nicht selten haben Trautmanns Songs einen für’s Alter erstaunlichen Blues. Die Texte sind häufig traurig, nachdenklich, melancholisch. Der Frontmann und Texter spielt mit sprachlichen Bildern und hat keine Angst, Gefühle preiszugeben, wenn er in „Spaziergang Im Herbst“ singt „Die verwelkten Blätter fallen mitten ins Herz ... Du nimmst so verdammt viel weg.“ Aber auch Witz und Ironie beweist er. Und es ist nicht ganz klar, ob er auf sich oder andere zielt, wenn er zwischen Selbstmitleid und Ironie singt „Ich bin mit ihr nach New York geflogen ... Ich hab’ dabei nicht ans Geld gedacht ... Doch sie liebt ihn immer noch ... Er hat ihr nichts zu bieten ... Doch sie pfeift auf meine Meinung.“ Leben ist Veränderung - auch schmerzhafte. Damit setzt sich Christian Trautmann in seinen Texten auseinander. Man wird den Weg gehen „den alten Mantel“ nehmen und sich selber suchen, den der man nicht mehr ist. „Doch ich weiß, wenn ich wiederkomme wird vieles anders sein." Es ist nicht nur eine Erkenntnis sondern die eigentliche Chance. Das schmale Ensemble interpretierte die Songs maßvoll und fesselnd. Doch ebenso taugen sie für ein Bandarrangement. Das bewies Christian beim „Feuervogel“, den er zusammen mit der Pötsch-Band interpretierte. Hier zeigte sich, dass seine Lieder auch anders funktionieren können, eine andere Qualität und mehr Kraft erhalten können. Die Emotionsstärke blieb auf jeden Fall erhalten. Thoralf Pötsch gab dem Stück mit einem phantastischen Gitarrensolo zum Schluss noch einen glanzvollen Höhepunkt, steigerte die Spannung auf den Höhepunkt, auf dem die übrige Band wieder einstieg und noch mal starken Druck machte.
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Dass in den letzten Jahren ein Altmeister des Liedes in Leipzig zum gern gesehen und gehörten Gast geworden ist, ist ganz besonders auch dem Kreis der Liedertour-Organisatoren zu verdanken, die Manfred Maurenbrecher mit einiger Regelmäßigkeit einladen. Erst im Juni war er zusammen mit Johannes Kirchberg in der Moritzbastei zu Gast. Diesmal begleitete ihn seine temporäre Band ‚Puls’. Sooft man ihn erleben darf, ebenso oft kann man sich über ein neues Projekt, über neue Songs, über eine scheinbar unerschöpfliche Phantasie, über neue Einfälle und Anregungen freuen. Und es wird wohl auch weiterhin unmöglich bleiben, zu behaupten, man kennte ja nun langsam alle Songs und alle Texte. In der Hauptsache präsentierte Maurenbrecher beim Songfestival sein Album „Am Ende der Nacht“, für das er Anfang des Jahres den Preis der deutschen Schallplattenkritik erhielt. Auch ein paar alte Titel waren wieder zu hören. Das „Hafencafé“ zum Beispiel. Nach all den Jahren wirkt es immer noch nicht abgegriffen. Zusammen mit der Band gelang es auch diesmal, ihm einen neuen Glanz zu geben. Auf der einen Seite berührte die leise, traurige, nachdenkliche, melancholische Pianostimme. Doch dann überwog die sture Entschlossenheit. Die Musiker steigerten sich schwungvoll in einen Zweckoptimismus und man konnte die Mischung aus Abenteurerlust und –frust ganz gut nachempfinden. „Und was machen wir jetzt. Mir ist so langweilig.“ Solche Worte verzeiht Maurenbrecher kleinen Kindern. Große Leute wissen mit ihrer Zeit aber oftmals auch nichts anzufangen. Und dafür hat er dann gar kein Verständnis mehr. „Hol Dir ab, was du haben willst!“ Singt er. Maurenbrecher hat es noch nie an Energie und Initiative gemangelt. Das Leben steckt voller Abenteuer und er hat die Gabe, sie in kleinen Alltäglichkeiten ebenso zu finden wie er sie auf seinen Weltenbummlerreisen suchte. Mit dieser Neugierde erklärt sich auch, dass der Germanist schon so gut wie alles erfolgreich ausprobierte, was man mit deutscher Sprache anstellen kann – von Liedtexten, Geschichten, Drehbücher und Hörspiele über journalistische Tätigkeiten bis zur Mitbegründung und Etablierung eines Lesezirkels. Nur dem Beamtendasein in der Berliner Bibliothekarsverwaltung ist er (nur knapp) entgangen. Es gibt ja auch soviel zu entdecken, zu probieren. So spannend ist die Welt und „so schön ist das Leben“ trotz aller Höhen und Tiefen, kleinen und großen Katastrophen. Und daher singt er weiter „... jedes Mal ist es Wonne. Und der Schatten wandert mit der Sonne ... So ’ne große Aufregung nach so ’ner kleinen Mühe.“
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Harmonisch ging der Abend zu Ende mit wunderschönen, verträumten, naiven Liedern der zauberhaften Niederländerin Sarah van der Meer. ‚Moon Gardening Incorporation’ ist das Duo-Projekt, dass sie mit ihrem Gitaristen Christian vorstellte. Im vergangenen Jahr war sie beim Songfestival die komplette Anfängerin ohne Bühnenerfahrung und doch die Entdeckung. Mit ihrer mädchenhaften, zarten Stimme sang Sarah die meist komplizierten Gesangslinien und gab den Liedern Zauber, Leichtigkeit und Verspieltheit. Mit deutschen Einleitungen erklärte sie vor jedem Titel kurz den textlichen Inhalt. Von einer alten, etwas unkonventionellen Dame war da die Rede, die ihren Lebensmut auch angesichts der Aufkündigung ihres Mitvertrages nicht verlor und beschloss, ein Stück vom Mond zu kaufen, um dort einen Garten anzulegen. Ein bisschen durcheinander war sie schon in der Nacht, aber dann hatte sie diese Idee. Sarah sang „über die Liebe und über die vielen Gesichter, die sie haben kann.“ Da sucht der Schmetterling, nach dem er aus seinem Cocon geschlüpft war, nach einem Zuhause. Blumen sind zwischen Hochhäusern und Straßen schwer zu finden. Aber er weiß, was es bedeutet, nach Hause zu kommen und er weiß, was er fühlen wird.

pepe

 

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