Manfred Maurenbrecher
Samstag, 30. November 2002,
Moritzbastei, Leipzig

Leider nur ca. 80 Zuhörer fanden sich in der Tonne der Moritzbastei ein, um einen Liedermacher zu hören, der nun wahrlich nicht den Idealtyp eines Künstlers in der heutigen Mediengesellschaft verkörpert. Das Haar etwas zu lang und strähnig (eine „Nichtfrisur“, wie er selbst zugibt), der Bauch etwas zu dick und die Stimme durch jahrelanges exzessives Rauchen geprägt. Aber genau das macht auch seinen Reiz aus. Manfred Maurenbrecher legt keinen Wert auf Äußerlichkeiten. Es kommt nicht auf die Verpackung an, sondern auf die Geschichten hinter der Fassade. Und zu erzählen hat er eine ganze Menge. Mal in Form von Liedern, am Klavier sitzend und mal gesprochene Texte und Fragmente aus dem reichhaltigen Fundus seines wöchentlichen „Mittwochsfazits“ in einem Berliner Club. Dabei verwundern und überraschen anfangs die unzähligen Zettel, von denen er ständig abliest – Auswendiglernen von Texten ist ihm ein Gräuel.

Obwohl Maurenbrecher schon über 20 Jahre im Musikgeschäft tätig ist, hat er nie den großen Ruhm erlangt. Als Texter von Spliff, Ulla Meinecke oder Hermann van Veen ist er bekannter geworden, als mit seinen eigenen Programmen. Das er einer der „am meisten unterschätzen Liedermacher Deutschlands“ ist, wurde auch an diesem Samstagabend in der mb deutlich. Seine mal bissig-ironischen und dann wieder liebevoll-nachdenklichen Lieder schicken das Publikum auf eine Reise durch die Gegenwart. Er singt vom Berliner Pilotprojekt „Sex auf Baustellen“, von einer „Reise nach Binz“ als Ruhepunkt in einer chaotischen Zeit, macht jenen Mut, denen scheinbar alles misslingt ( „Gib nicht gleich auf“ ) und singt eine Hymne auf die Mütter ( „Danke Mutter“ ). Maurenbrecher lebt seine Lieder. Der sympathische 52-Jährige bearbeitet sein Klavier, dass man Angst um die Tastatur bekommt, stampft dabei kräftig auf (was manchmal etwas störend ist) und singt seinen Berliner Blues. Gut 2 ½ Stunden unterhält er mit Wortwitz und seiner unnachahmlichen Sicht der Dinge. Als Zugabe an das dankbare Publikum gibt es nicht nur sein bekanntestes Lied „Hafencafe“ sondern auch das wunderschöne „Lied beim Singen entstanden“, welches einen Blick auf Maurenbrechers Philosophie erlaubt.

"Nie ein Zögern vor dem nächsten Moment, keine Angst vorm Misslingen, wie ein Springer, der die Höhe nicht kennt, so entsteht ein Lied beim Singen. Man sagt, nichts auf der Welt sei so frei und heiß, nichts könne tiefer eindringen als ein Gesang, der sein Ende noch nicht weiß und entsteht beim Singen."

Ich kann nur hoffen, dass ihm noch viele Lieder beim Singen gelingen.

tomso