Väter & Söhne

am 14.06.02 in der Moritzbastei


Der Abend ist nun doch noch lau geworden und rund um die Moritzbastei hat sich der Platz wieder belebt. Zwei Jungs sitzen auf der Mauer und spielen mit einem kleinen Ball. Drei Stunden später werden sie sich in die Herzen einer Hand voll Fans gespielt haben, und neben ihren Vätern gefeiert werden. Das scheint aber noch kaum jemand zu ahnen. Denn ein echter Insidertipp war am 14.06.2002 der Stop der „Väter & Söhne“ – Tour in der Moritzbastei.

Trotz der quasi fehlenden Ankündigung hatten sich dennoch etliche Fans eingefunden, um die altbekannten Idole ‚Bodi’ Bodag und Peter ‚Cäsar’ Gläser zu feiern, die nach über dreißig Jahren Bühnenpräsenz zur Zeit im Quartett mit ihren Söhnen musikalisch unterwegs sind.

In den Publikumsreihen befand man, „die selben Typen wie vor zwanzig Jahren“ wieder zu treffen und fühlte sich gemeinschaftlich beinahe in eine andere Zeit zurückversetzt. Dennoch, der Abend hatte mit Nostalgie und DDR-Romantik nicht viel zu tun. Man darf feststellen, dass es der Formation aus Wolfram Bodag (keys/voc), Peter ‚Cäsar’ Gläser (git/voc), Hannes Schulze (drums/voc) und Moritz Gläser (bass/voc) gelungen ist, zwölf Jahre nach der neuen Zeitrechnung einen musikalischen Weg zu beschreiten, der die guten Traditionen und die hohe und sehr spezielle Qualität ostdeutscher Rockmusik mit dem modernen Musikgeschmack von 2002 vereint.

Zu hören waren dann auch nicht ausschließlich alte Hits, deren Texte bis heute kein Stück ihrer Aktualität verloren haben. Neue Titel, teilweise Kompositionen von Hannes bzw. Moritz, sorgten für frischen Wind auf der Bühne. Altes mischte sich unkompliziert mit Neuem, sicherlich gerade auch weil die alten Songs von einer Qualität sind, die eine Interpretation in unserer „Neuzeit“ erlauben. Ihre Texte, sensibel, lyrisch, nie schwülstig, sind von Offenheit und Glaubwürdigkeit geprägt und berühren noch immer.

Das Projekt „Väter und Söhne“, insbesondere wenn so schlagkräftige Namen wie Peter ‚Cäsar’ Gläser und Wolfram Bodag dahinterstecken, könnte auch böswillig vermuten lassen, dass es sich um eine geschickte PR-Kampagne handelt. Doch spätestens bei den ersten Klängen wird klar, es geht nicht um die Platzierung des Nachwuchses in der Branche, zumal die jungen Männer bereits ohne die Väter ihren musikalischen Weg erfolgreich begonnen haben. Es ist die riesige Spiellust, die Neugier auf neue Wege sowie die schöne Partnerschaft zwischen Vätern und Söhnen, die das Quartett vereinen, überdies eine ideale Mischung aus junger, ungestümer Spiellaune und der Erfahrung reifer, gestandener Musiker.

Dabei sind die alten Herren kein bisschen alt, kein bisschen leise. Und von wem Hannes seine rockige, kraftvolle Stimme geerbt hat, die er an diesem Abend mehrfach nebst trommeln unter Beweis stellte, war klar, als Wolfram Bodag hinterm Keyboard unter anderem den ‚Karussell’-Titel „Autostop“ mit Inbrunst losröhrte. Auch als Meister der Tasten zauberte und verzauberte er wieder. Einfach Musik, davon aber jede Menge machte Familie Gläser. Unspektakulär wie man es vom Vater gewohnt ist, spielte auch Moritz seinen Bass lockerflockig und bestach durch Spieltechnik statt durch Show, während ‚Cäsars’ charismatische Stimme uns im Satz mit ‚Bodi’ oder Solo im Bann hielt.

Das hier Vollblutmusiker auf der Bühne standen, zeigte sich auch darin, wie die vier es verstanden, die anfänglich eher etwas unterkühlte Atmosphäre Stück für Stück aufzuheizen. Mit jedem Gitarrenriff, mit jedem Trommelschlag erhöhten sie die gefühlte Temperatur, bis die Fangemeinschaft völlig abgekocht war und ihre Lieblinge erst nach der dritten Zugabe wieder von der Bühne ließ. Bis dahin waren so schöne Songs gespielt wie „Wer die Rose ehrt“ oder „Fenster zu“, die durch ihre unverwechselbare und liedhafte Art Musikgeschichte schrieben; es wurde musikalisch an den leider zu früh verstorbenen Gerulf Pannach von der ‚Renft-Combo’ erinnert, wurde das Publikum von den englisch gesungenen Rock-Pop-Titeln der jungen Männer mitgerissen und hat sich der ein- oder andere der Akteure vielleicht auch selbst einen Wunsch mit einem der Cover-Songs der eigenen Idole erfüllt, wie zum Beispiel mit „I’m a walrus“ von den Beatles.

Mit Matti Rabold gelang es, für die „Väter und Söhne“ - Tour zwei der feinsten Techniker-Ohren zu verpflichten. Der fette Rocksound ließ daher wieder mal nichts zu wünschen übrig an Dynamik, Sound und verträglicher Lautstärke. Der Beweis wurde somit ein weiteres Mal erbracht, heiße Rockmusik lässt sich gerade auch in ohrenverträglicher Lautstärke feiern – mehr Genuss, weil mehr Klang, mehr Text und insgesamt mehr Stimmung!

Ein großer Verlust, wenn auch nicht eine unwiederbringliche Gelegenheit für alle, die diesen wunderbaren Abend verpassen mussten! Das Projekt ist in der Nähe am 21.09.2002 in Pirna – Q24 und am 01.11.2002 in Dresden zu erleben.

peflo

Weitere Termine und Infos unter http://www.caesar-music.de/caesarhome/pages/0main.html