I’ve been many places, I’ve travelled ‘round the world, Always on the search for something new… - diese Zeilen aus dem Song “Home again” des aktuellen Blackmore’s Night - Albums “Fires at Midnight“ wären wohl hervorragend dazu geeignet, die musikalische Biografie von Ritchi Blackmore, zu betiteln!
Als er in den 70er Jahren als Gitarist bei Deep Purple begann, ahnten wohl nur ganz wenige, dass er sich in der Rolle des mittelalterlichen Minnesängers oder des neuzeitlichen Barden am wohlsten fühlt. Zunächst zeigte sich diese geheime Leidenschaft für historische Musik nur inhaltlich, in Songs wie „The Book of Taliesyn“ (1969) oder auch „Kill the King (1975).
Erst 1993 schwenkte er zusammen mit der amerikanischen Sängerin Candice Night in die Richtung ein, für die BLACKMORES NIGHT mittlerweile steht: Alternative Musik mit historischen Melodien und Folkelementen, kombiniert mit Pop und teilweise sehr kräftigen Rocktönen.
Und so spannte sich der Bogen auch diesmal von nachdenklichen Balladen wie „The old hanging tree“ über fröhliche „Trinklieder“ wie „Home Again“, natürlich vom Publikum begeistert mitgesungen, bis zur rhythmisch-lebhaften Liebeserklärung „All because of you“.
1993 veröffentlichte das neue musikalische Traumpaar, damals noch unter dem Namen „Ritchi Blackmore’s Rainbow“, mit „Ariel“ seine erste Single, 1995 wurde dann das Lied „Black Masquerade“ zum besten Song und Ritchi Blackmore zum „Best Guitarist“ gekürt.
1996 entstand dann „Shadow of the Moon“ das erste Album, dass unter dem neuen Namen der beiden erschien: BLACKMORE’S NIGHT. Die Scheibe blieb auch promt 17 Wochen lang in den deutschen Charts. Wie als Erinnerung daran begann das Konzert vom 1.8. dann auch mit diesem Song, über 20 weitere Lieder aus allen drei Alben sollten folgen.
Mittlerweile touren die beiden schon seit einiger Zeit durch Kirchen, Synagogen, Schlösser und Theater in ganz Europa. Und so passte auch dass Ambiente der Michaeliskirche perfekt zu dem Konzert, obwohl einige Lieder Elemente enthielten, die vier mal so alt sind wie die Gemäuer, in denen sie erklangen!
Und schon zu Beginn des Konzerts wurde es mystisch: Zuerst zog Nebel auf und unter Blitz und Donner trat der Meister auf: Sir Blackmore im dunklen Bardenaufzug. Madame Night folgte dann in hellem Renaissance-Gewand mit einer Laterne. Auch einige aus dem Publikum waren „zeitgemäß“ gekleidet, ein Kettenhemdträger und einige dunkle Feen waren zu sehen.
Und wieder einmal wurde natürlich jedes Ritchie-Solo frenetisch gefeiert. Besonders die Handvoll englischer Fans ließ sich immer wieder zu spontanem Jubel und einem mehrfachen „Thank you Ritchie“ hinreisen. Aber auch alle anderen Gäste in der bis zur Empore gefüllten Kirche jubelten und sangen fleißig mit.
Doch wie es sich für einen Ehrenmann aus dem 16. Jahrhundert gehört, ließ er die meiste Zeit seine Sängerin (und Ehefrau) Candice Night im Mittelpunkt stehen. Wohl niemand konnte sich dem lieblichen Klang ihrer Stimme entziehen. Als sich bei der Ballade „I still remember“ dann auch noch die Kirchendecke in einen Sternenhimmel verwandelte schwelgten wohl die meisten bereits in anderen Zeiten.
Der Abend hatte also sowohl inhaltlich als auch musikalisch für jedermann etwas parat vom spätmittelalterlichen „Freudenmenschen“ bis zum schwärmerischen Romantiker.
Den kurzzeitigen Stromausfall beim 2. Song verstand Candice dann auch als Motto der Rennaissance: „Per noctam ad luc“.
Apropos, über das 16. Jahrhundert konnte bereits die Vorband mit den fünf Jungs von Geyers Schwarzem Haufen so einiges erzählen: Die moralische Botschaft von „Über die Weiber und die Flöhe“ blieb jedoch im Verborgenen. „Das freie Wort“ von Georg Herweg war dagegen eine zeitliche „Ausschweifung“. Der Text entstand erst im 19. Jahrhundert und fiel damit eindeutig aus dem zeitlichen Rahmen des rundum gelungenen Abends im Geiste von da Vinci und Co!
Anaca
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