Ungebrochene Popularität weltweit, Millionen verkaufte Tonträger sowie die Ankündigung einer infernalen Symphonie machten mich neugierig auf den erfolgreichsten Independent- Act der Welt. Bislang kannte ich Lacrimosa nur von den lustigen Harlekinaufklebern an Heckscheiben diverser PKW und einer ausgesprochen positiven Mund- zu- Mund- Propaganda. So gesellte ich mich völlig unvoreingenommen unters schwarze Volk, um einen Ereignis beizuwohnen, welches nachhaltig beeindruckte. Schon die ersten Töne (Satz 1 Fassade vom gleichnamigen neuen und siebenten Studioalbum) erinnerten mich an Mozarts Requiem. Als Tilo Wolff dann endlich hinter seiner Schattenwand (beliebter Showeffekt bereits im 18.Jahrhundert- trefflich gewählt!) hervorkam, konnte man fast an eine Auferstehung des guten Amadeus im neuzeitlichen Outfit denken. Der Kapellmeister aus Berlin hatte zwar diverse Orchester und Musiker der hauptstädtischen und Hamburger Staatsoper nur auf Konserve mitgebracht, doch schon die Arrangements des pathetischen „Backgrounds“ rührten tief an der nach guter Musik dürstenden Seele. Auf der Bühne unterstützten ihn 3 Gitarreros (phantastische Einsätze und Zusammenspiel), ein zuweilen etwas aufdringliches Schlagzeug (Tontechnik?) sowie seine seit 1994 getreue Gefolgsfrau Anne Nurmi (Keyboard, Gesang). Den 2000 begeisterten Freunden seiner Kunst ward zusätzlich mit Feuerwerk und lockerer Gestik eingeheizt, so dass auch das Tanzbein nicht immer stille stand. Trotz der gut durchdachten Showeffekte (putzige Lampen zur Zugabe) blieb Tilo (auch mal die Trompete ergreifend) immer die Hauptfigur des kurzweiligen Abends, woran mich nun die Harlekinköpfe wissend erinnern werden.

Heon