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Rolf Stahlhofen

 

Rolf Stahlhofen

Rolf Stahlhofen beim 6. Open Air Konzert für Frieden, Demokratie und Menschenrechte am 30.04.2003 in Leipzig im Gespräch über soziales Engagement, über nicht vorhandene Grenzen und über das Musikmachen im Allgemeinen und im Speziellen

Rolf Stahlhofen also, unverschämt spät aber er nimmt sich weit nach Mitternacht Zeit für ein Interview mit uns. Gut kennen wir ihn noch nicht, aber gut genug, um zu wissen, dass wir hier mit einem der wichtigsten 'Söhne Mannheims' sprechen werden, einem Künstler, dem wir gerade vollen Respekt für sein Konzert zollen müssen, einem markanten Sänger mit unglaublicher Stimmgewalt und großartiger Interpretationsstärke. Und so treten wir ein, in einen engen, durch kaltes Neonlicht erleuchteten, fast leeren Raum. Ruhig wartend sitzt er in der Mitte und wir fühlen uns, wie zur Vernehmung. Nur wer wen? Da kommt er schon auf uns zu, streckt uns freundlich die Hand entgegen. „Ich bin der Rolf.“ Stühle rücken beginnt. Und plötzlich ist alles, als wäre uns die ganze Zeit klar gewesen, dass wir uns hier treffen mussten.

Er ist selbst schon oft Beteiligter und auch Organisator ähnlicher Veranstaltungen gewesen. Bei „Rock gegen rechte Gewalt“ und „Casa Pequeno Davi“-Bands for Brazil war er dabei. „Menschen am Fluss“, das größte Benefizkonzert zugunsten vom Hochwasser Betroffener hat er 2002 blitzartig organisiert. Bei „Mut gegen rechte Gewalt“ engagiert er sich, um Geld zugunsten solcher Projekte wie „Exit“ zu sammeln. Er ist bekannt dafür, immer ansprechbar zu sein und sich hundertprozentig einzusetzen. Darauf angesprochen erwidert er fast zurückweisend, „Na bekannt dafür? Ich engagiere mich, dass ist auch nicht so was besonderes, das tun viele. Das ist doch selbstverständlich, so was zu tun.“

Die Atmosphäre in Leipzig gefällt ihm gut. „Ich habe mir die Prinzen und Karat angesehen. Das fand ich ganz klasse.“ Zu den Prinzen hat er schon länger Kontakt. Er verfolgt, was sie tun und besucht ihre Konzerte, wenn sie in Mannheim auftreten. „Es war für mich besonders interessant zu sehen, wie sie hier, bei ihrem heimischen Publikum ankommen.“ Besonders toll fand er das Leipziger Publikum. Und wieder mit der unglaublichen Bescheidenheit sagt er „Ich fand es besonders erstaunlich, dass das Publikum so lange bis zum Schluss gewartet hat und so mitging, obwohl ich doch hier noch gar nicht so bekannt bin.“

Die Prinzen gehören zu den wenigen ostdeutschen Bands, die sich auch in den alten Bundesländern gut etablieren konnten. Aber allgemein ist es für östlich der Elbe geborene Musiker sehr schwer, sich im Westen durchzusetzen. Wie schätzt Rolf Stahlhofen die Situation ein? „Oh nein, das finde ich gar nicht. Es gibt hervorragende Musiker aus dem Osten, die auch im Westen anerkannt sind. Zum Beispiel Jens Streifling spielt bei BAP.“ Also, die Wahrnehmung und Wertschätzung existiert durchaus und auch nicht nur, um die Konkurrenz abzuchecken? „Ja, klar“ Ob das nicht vorwiegend nur in Fachkreisen unter den Musikern so sei, das Publikum sie aber eher weniger kennt und akzeptiert? „Ja aber da wären nun auch mal die Medien gefragt! Ich denke, man sollte da keine Grenzen sehen, die Grenzen existieren höchstens in den Köpfen, da sollte man von weg kommen. Ich meine, in der Musik gibt es gar keine Grenzen.“

Seine wichtigste musikalische Ausbildung war das Musik hören und das Musik machen. „Wir haben unheimlich viel gejammt, Songs gecovert, auf Partys gespielt. Lange Zeit sind sie jeden Sonntag in einem Club aufgetreten. „Wir haben das immer mit Spaß getan und, egal wie viel Leute da waren, immer jeden mit einem Grinsen nach hause geschickt.“ Und wo sieht er seine musikalischen Wurzeln, was hat ihn geprägt? Man hört in seiner Musik Elemente aus Funk, Soul und lupenreinem Rock. „Ich habe immer sehr viel gesungen und so Sachen wie Marvin Gaye und Edo Zanki gehört.“ Auch John Hiatt, Van Morrison und James Brown werden als seine Helden benannt. „Die anderen in der Schule konnten das nicht verstehen. Da waren andere Sachen angesagt. Zum Beispiel ‚Kajagogoo’ Wenn andere sagten: was sind denn das für Schnulzen hab ich gesagt: Ja aber hört doch bloß mal wie der singt.“ Ein Schwelgen ergreift ihn und zieht uns unwillkürlich hinterher. „Also das hat mich sehr berührt. Aber ich mag auch viele andere Sachen. Wenn ihr in Euer CD Regal seht, da steht ja bestimmt auch verschiedenes. Und wenn ich so überlege, mittlerweile habe ich mit Edo Zanki auf der Bühne gestanden. Wo sind ‚Kajagogoo’ heute und wo steht Edo Zanki!“ Ausserdem, so sagt er, erlaube es ihm sein Genre, eine Figur zu besitzen, die für ‚Kajagogoo’ untragbar gewesen wäre. Und ein Kostverächter scheint er tatsächlich nicht zu sein. Vor dem Hintergrund seines Lebens in fremden Ländern hatten wir ein wenig die Ethno-Elemente beim Konzert vermisst. „Das hängt damit zusammen, dass aus terminlichen Gründen die Band nicht komplett war. Z.B. Alfred Kritzer der sonst die Keyboards spielt ist derzeit mit Herbert Grönemeyer auf Tour. Ich wollte heute aber unbedingt dabei sein. So mussten wir das Programm ein wenig umstellen.“

Man hört und liest viel über Kontroversen zwischen Moses Pelham und den Söhnen Mannheims, könnte man mit einer Zusammenarbeit musikalisch nicht mehr erreichen? „Ja, das ist Xaviers Sache. Da hänge ich mich nicht rein. Ich schätze Moses Pelham als Musiker sehr. Ich mag seine Grooves, seine Sounds, seine Raps und würde sicher auch mit ihm arbeiten, aber das ist etwas anderes. Bei Xavier und Moses geht es ums Geschäft und da habe ich nichts mit zu tun.“

In den neuen Ländern gibt es unwahrscheinlich viele Bandwettbewerbe, um die Nachwuchsszene zu fördern. Wie ist das in Mannheim? „So was gibt es bei uns nicht. Das brauchen wir auch gar nicht. Wir jammen unheimlich viel zusammen.“ So finden die Musiker ihre Auftrittsmöglichkeiten und finden zusammen, bereichern sich gegenseitig, können sich profilieren und haben dazu noch Spaß. Die Sache klingt simpel und ist es auch. Und sie scheint genau das zu sein, was unserer Leipziger Szene fehlt, von der man ab und an behauptet, sie wäre für ihre Ellenbogen bekannt und in der man oft genug beobachten kann, dass sich Bands aus Konkurrenzangst gegenseitig ignorieren. Der Gemeinsinn, das Miteinander und im besonderen, das miteinander wachsen und groß werden scheint da die naheliegende Lösung zu sein.

pepe + flo - 30.04.03

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